Wir sind immer wieder erstaunt darüber, wie homophob und schwulenfeindlich sich der Islam gebärdet. Ich habe hier einen Text gefunden, der dieser Feindschaft völlig abhold (fern) ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass jede Religion ihre verschiedensten Ausprägungen hat. Wir kennen das im Abendland beim Katholizismus und der Reformation.
Interessant am untenstehenden Text, aus einer Homosexuellen-Zeitschrift der 60er Jahre, ist allerdings der umgekehrte Blick auf die abendländische Behandlung dieser Minderheit aus der Sicht eines arabischen Gläubigen. Solange natürlich auch damals nicht öffentlich diskutiert wurde, konnte jeder machen, was ihm lieb war. Widersprüche werden ja erst durch Medien und öffentliche Diskussionen sichtbar. Ich empfehle den Text zum Nachdenken über die Schwulenverfolgung und zur Diskussion mit Islamgläubigen!
Peter Thommen
„Einseitige materialistische Anschauungen, die zu doktrinären Ideen geworden sind, wollen nicht nur die Wirtschaft der Völker nach ausgeklügelten Plänen lenken (kommunistischer 5-Jahresplan, PT), sondern das Leben jedes einzelnen Menschen sogar bestimmen und dirigieren. Nach bestimmten fanatischen Vorstellungen wie der Mensch sein sollte, wird erzogen und geformt, ohne die wirkliche Natur des Individuums zu berücksichtigen. Da ist nichts mehr zu spüren von Ehrfurcht vor der Schöpfung eines allmächtigen Gottes, der so viele geheimnisvolle und für den menschlichen Verstand oft nicht zu begreifende Dinge schuf. Da gibt es Personen, die im Verkennen der Tatsachen alles vereinheitlichen wollen, die in einem oft sadistischen Eifer keine Form der Toleranz dulden und die Welt nach ihren Vorstellungen umkrempeln möchten. Vielleicht wollen sie alle Menschen nach ihrem Ebenbild formen?
Fast scheint es so. Wenn aber der Glaube an Gott vorhanden ist und an sein Werk, mit dem er ja zufrieden war, so müssten eigentlich die Gläubigen schon aus der Religion heraus eine beachtliche Toleranz aufbringen. Nichtgläubige müssten tolerant sein durch die Erkenntnisse der modernen Wissenschaft.
Wenn ich aber immer wieder die Berichte lese über die Haltung gegenüber Minderheiten in Europa, so muss ich jedoch sagen, dass diese das Spiegelbild einer Intoleranz sind, die zum Himmel schreit. Recht seltsam erscheint mir nur, dass Hass und Verfolgung gegen Menschen, die lediglich eine andere sexuelle Veranlagung haben, in solchen Ländern geschehen kann, die sich zivilisiert und kultiviert nennen, die den Anspruch erheben, die beste Religion zu haben, eine Religion der Liebe, der Nächstenliebe, von der aber, wie es scheint, wenig zu spüren ist.
Derartige Probleme existieren glücklicherweise nicht überall, so zB in den Gebieten, die von Arabern bewohnt werden, und sie haben dort niemals existiert. Der Mensch wird als Mensch anerkannt, so wie er ist; denn er ist ja ein Werk Gottes, und Gott allein weiss, was er will. Es ist daher unmöglich, in dieses Werk mit menschlichen Ideen hineinzupfuschen, es sei denn mit dem Endziel, zu zerstören. Bei uns gibt es keine Wissenschaft, die sich speziell mit dem Liebesleben der Menschen beschäftigt, die die Hormonfunktionen erforscht, um das Verhalten des Menschen und sein Wesen zu ergründen, um endlich festzustellen, dass der Mensch vorwiegend bisexuell ist. Wir brauchen das nicht, weil wir verehren, was Gott in seiner unendlichen Weisheit schuf.
Wenn den Mohammedanern vorgeworfen wird, intolerant zu sein, so liegt das nur daran, weil der Koran entweder nicht bekannt ist, oder nicht richtig verstanden wurde. Die Homosexualität, die schon lange besteht, so lange als es nur Menschen gibt, ist bei uns immer als Tatsache anerkannt und praktiziert worden, und dies bis zum heutigen Tage. Und nicht nur das. Der Prophet Mohammed, der den Willen Gottes verkündete, der um all diese Dinge wusste, hat im Koran das Paradies geschildert, und beschreibt eine selige Welt, in der die Menschen in eine Umwelt kommen, die ihnen entspricht.
Männer, die der Jünglingsliebe huldigen, werden keinesfalls verdammt, sondern geniessen vielmehr dieselben Seligkeiten wie alle anderen auch. Aus dem Koran, 76. Sure, Vers 16-22 zitiere ich:
„Und Dienende werden mit silbernen Kelchen und Bechern um sie herumgehen, mit glashellen Silberflaschen, deren Mass sie nach eigenem Wunsch bestimmen können. Man gibt ihnen da zu trinken aus einem Becher Wein mit Ingwer-Wasser, aus einer Quelle dort, welche Salsabyl heisst. Zu ihrer Aufwartung gehen ewig blühende Jünglinge um sie herum; wenn du sie ansiehst, hältst du sie für verstreute Perlen, und wo du hinsiehst, erblickst du Wonne und ein grosses Reich. Ihre Gewänder sind aus feiner grüner Seide und aus Samt, durchwirkt mit Gold und Silber, und geschmückt sind sie mit silbernen Armbändern…“
Es wäre zu wünschen, dass die verantwortlichen und einflussreichen Persönlichkeiten in Europa doch bald zur Einsicht kommen, dass es besser ist, unabänderliche Dinge als Tatsachen hinzunehmen und Toleranz zu üben, anstatt die Natur zu vergewaltigen; denn alles ist von Gott, dem Schöpfer aller Dinge.“
Abdallah Islami, Mahdia, Tunis
Erschienen in „Der Weg“, März 1964, S. 44-46
Der Weg war eine deutsche Homosexuellen-Zeitschrift, ähnlich wie in der Schweiz „Der Kreis“.
Heute: Adam, Ewald und Mohammed (NL 2007)
Tausendundein Buch
Auswahl aus Büchern über Sex unter Männern, Türkei, Arabien und Iran (magnus 1/1992 S. 29)
Grundlegendes über die Rolle des Geschlechtlichen/auch über Homosexualität
Schiffauer, Werner: Die Gewalt der Ehre, Erklärungen zu einem türkisch-deutschen Sexualkonflikt, st 894, 1984
Ben Jelloun, Tahar: Die Tiefste der Einsamkeiten, Stroemfeldt/Roter Stern, 1986
Schmitt, Arno: Bio-Bibliography of Male-Male Sexuality in Muslim Societies, 500 S.
Romane
Boudjedra, Rachid: Die Verstossung, Unionsverlag
Aus der Jugend eines Algeriers. Die Erniedrigung durch die Verstossung der Mutter durch den sich neu verheiratenden Vater, die Sehnsucht nach dem mythischen Vaterbild, erstickende Traditionen voller Aberglauben und heuchlerischem Puritanismus, repressive politische Verhältnisse.
Choukri, Mohamed: Das nackte Brot, Andere Bibliothek
(besser als die engl. Ist die frz und dt Übers.)
Charhadi, Driss ben Hamed: Ein Leben voller Fallgruben, Andere Bibliothek
Machfus, Nagib. Die Midaq-Gasse, Unionsverlag, 1989
Im Panorama der Bewohner einer Gasse der Kairoer Altstadt nimmt der Kaffeehausbesitzer Kirscha eine wichtige Stellung ein. Seine Frau stören die Haschisch-Abende und die Knabengeschichten.
Serhane, Abdelhak: Kinder der engen Gassen, Edition Orient, 1988
Eine Welt aus Erniedrigung und Religion, Grausamkeit und Sexualität vom Blickpunkt der Frauen und Kinder. Sex zwischen Gleichen kann es in dieser Welt nicht geben, sehr wohl aber Sex zwischen Personen eines Geschlechts.