Es geschieht in immer kürzeren Abständen, dass „Missbrauchsvorwürfe“ gegenüber Männern in den Medien erhoben werden. Seltsamerweise nicht gegen Frauen. Die Taktik hat also eine klare sexistische Strategie. Weder wird die katholische Kirche einstürzen, noch können wir je „alle bösen Männer“ – „für immer wegschliessen“ deswegen, wie dies vor allem Frauen wollen. Dass auch Frauen sehr wohl an Übergriffen und Verbrechen an Kindern respektabel beteiligt sind, wird politisch korrekt verschwiegen oder heruntergespielt.
Das belegt eine südafrikanische Studie (siehe irreführende Berichterstattung in „20min“!), deren Resultate vor allem in deutschsprachigen Medien „politisch korrekt“ verstümmelt wurden! (Hier der Originaltext im „International Journal of Equity in Health“ und die korrekte Berichterstattung in der Montreal Gazette) (Siehe auch den Buchhinweis am Schluss!)
Doch die „Pädophilen-Verfolgung“ hat auch eine historische und eine internationale Dimension. Nicht nur die „Pädophilen-Ringe“, wovon einer gerade kürzlich aufgeflogen sein soll. (Von den letztlich übrig gebliebenen tatsächlichen Straftätern, liest frau selten etwas!) Oder die internationale Verbreitung von „Kinderpornografie“, die nach neusten Bestrebungen bis zum dargestellten oder vermuteten 18. Lebensjahr erhöht werden soll. Es fällt auch auf, dass sich die „öffentliche“ Verfolgung von Übergriffen und Verbrechen an Kindern fast nur im sexuellen Bereich abspielt. Alle anderen Übergriffe (Körperliche Gewalt, sexuell motivierte Gewalt/Bestrafungen gegen homosexuelle Kinder, Kinderarbeit, Kindersoldaten) sind wohl schicksalshaft hinzunehmen. Aber damit sind wohl die grössten Emotionen der Abscheu und damit auch die Politik ganz allgemein zu mobilisieren. (Siehe „Marche Blanche“!) Etwa ähnlich wie es die SVP mit „den Ausländern“ treibt.
Dass die „Pädophilen-Diskussion“ immer auch eine Diskussion gegen die Öffentlichkeit der Homosexualität war und ist, sollte längst allen Schwulen klar geworden sein. Leider sind deren Exponenten und auch viele Homosexuelle selbst zu feige, sich dieser Auseinandersetzung zu stellen. Und daher ist es auch noch viel zu früh, über ein „Adoptionsrecht“ für gleichgeschlechtliche Paare öffentlich zu diskutieren. Dass dies vielen Betroffenen nicht passt – ja dass viele Betroffene ohne dieses Recht grosse Probleme haben, ist mir durchaus bewusst.
Aber die „Pädophilen-Frage“ wurde aus Rücksicht auf die heterosexuelle Öffentlichkeit nie geführt und das stellt sich jetzt als Stolperstein einer bewussten und konsequenten Gleichstellungspolitik für die Zukunft heraus. Und andersherum argumentiert: Die noch verfrühte Adoptionsdiskussion zieht – wegen ihrer Emotionalität – viele Frauen und Heteros dermassen in den Stress, dass sie lieber „hintenherum“ taktieren, als sich den Schwulen in der Diskussion zu stellen. Ich glaube, beide Seiten sind ziemlich feige in diesem Thema. Wobei die Homosexuellen wohl die Verletzlicheren sind – wie immer und vor allem gegenüber den Frauen.
An diesem Punkt sollten auch die Lesben politisch ins Visier genommen werden. Ein grosser Teil der bürgerlichen Lesben wollte genau aus obigen Gründen seit Jahren keine engeren Kontakte mit der Schwulenbewegung oder mit Homosexuellen, weil sie sich ihrerseits aus der öffentlichen Schusslinie von Verdächtigungen nehmen möchten. Und andererseits wollten sie nie mit den verdächtigten Schwulen paktieren – frau kann ja nie wissen…
Doch werden allgemein die lesbische Sexualität und der Umgang von Lesben oder lesbischen Müttern mit (ihren) Kindern als viel harmloser eingeschätzt, als derjenige der Männer. Das hat nichts mit einer doppelten Diskriminierung, aber sehr viel mit der doppelten Dämonisierung von Männern und Schwulen zu tun. Dies ist historisch belegbar. Und dies ist auch klar als sexistisch zu bezeichnen! Ich habe jedenfalls gelernt, dass Lesben auch nicht erst ab dem 16. Lebensjahr, ohne einschlägige Erfahrungen, oder als erwachsene Frauen vom Himmel fallen.
Dass die „Pädophilie-Vorwürfe“ vor allem aus der rechten SPV-Ecke kommen sollte uns nicht verwundern. Vor allem nicht, wenn ihre historische und internationale Dimension zum Vorschein kommt. Denn schon in den 70er Jahren missionierte die Orangensaft-Werberin Anita Bryant mit religiösen Hintergrund: „Töte einen Schwulen für Jesus“! Wohlverstanden, Orangensaft, den die Schwulen vor allem geniesserisch in ihren Bars schlürften…
In Uganda läuft eine ganz hässliche „heterophile Schmierenkomödie“. Motiviert durch religiöse Fundis und unterstützt mit Geld aus Amerika, bringen Religiöse und religiös motivierte Politiker ein Gesetz ins Parlament, das die Todesstrafe für homosexuelle Handlungen vorsieht. Das „schlagendste“ Argument dabei ist: „Schützet unsere Kinder“ (Save our children!) In dieser Diskussion darf auch nicht die Iranische Politik übersehen werden, die sogar wiederum Jugendlichen unterschiebt, sie hätten Andere sexuell missbraucht. (Und dahin schickt noch unser Bundesverwaltungsgericht einen wegen Drogenhandels verurteilten Iraner in die Ausschaffung!)
In der ganzen Pädophilen-Diskussion kommt auch immer wieder ein Grundton in meinem „Gayradar“ zum brummen, der vermuten lässt, dass für viele – vor allem Frauen – Homosexualität (nämlich der Analverkehr darin) an sich schon ein gravierender sexueller Missbrauch bedeutet. Das kommt aus ganz tiefen vorgeschichtlichen Bildern wie zB in der Bibel, in welcher die anale Penetration für den Passiven eine Entmännlichung bedeutet, die nie wieder gutzumachen ist.
Ich fordere, dass der Sexismus in der Sexualdebatte endlich aufhören muss! Also die Täterinnen mit ihren Methoden neu in die Diskussion bringen. Die Debatte über Pädophilie (was auch immer jemand/jefrau darunter verstehen mag!) muss von der Debatte über strafbare Handlungen gemäss Gesetz getrennt werden. Dann muss auch klar werden, dass Frauen als Täterinnen nicht nur gleich bestraft, sondern auch als „gleich gefährlich“ eingestuft werden müssen! (Hetero-Leserbrief-Zitat: „Ich habe schon als kleiner Knabe davon geträumt, von einer erwachsenen Frau mal so richtig verführt zu werden.“)
Abschliessend möchte ich noch auf folgendes hinweisen: Die Expertenkommission für die Revision des schweizerischen Strafgesetzes im Sexualbereich forderte ein Alter von 14 Jahren für sexuelle Selbstbestimmung (eigentlich „Schutzalter“). Der Bundesrat als Regierung, legte sich damals auf 15 Jahre fest. Das Parlament schliesslich befand 16 Jahre. Weder die Experten, noch die damaligen Bundesräte waren meines Wissens pädophil. Als einzige Politikerin erwähnte damals Elisabeth Kopp die „sexuelle Selbstbestimmung“ statt das bis heute bemühte „Schutzalter“!
Das Sahnehäubchen auf diesem Thema: Von 1942-1992 war im StGB der Schweiz die Erlaubnis zu homosexuellen Handlungen erst ab 20 Jahren gewährt. Wir waren also damals fast alle „pädophil“. Allerdings sind fast nur Männer in den Verurteilten-Statistiken (die ich mir mal in den 80ern besorgt habe) aufgetaucht. Frauen waren entweder „harmloser“, oder nicht so wichtig…
Peter Thommen, Schwulenaktivist, 61, Basel
Lies auch mein persönliches Erlebnis in der Schwulenszene
Emil Grabherr, Präsident SVP Luzern Land im Kurier der SVP-LU: „Bei der Gruppe der Schwulen gibt es drei verschiedene Arten. Dazu gehören nebst den in ordentlicher Partnerschaft lebende auch die männlichen Huren und die unter keinem Titel akzeptierbaren Bubenschänder.“
Anlass für diese Äusserungen: Sexualerziehung im Kindergarten (PDF)
Auf Intervention der gaynossinnen nahm Grabherr wie folgt Stellung (PDF)
Daniel Frey: Rechtsradikale Rhetorik der SVP
Daniel Frey: „Bubenschänder…“
Bericht im Tagesanzeiger vom 25. März 2011
Elmar Kraushaar in der taz vom 18.01.2011 in anderm Zusammenhang: „Um einen Schwulen ins falsche Licht zu setzen, reicht das Stichwort „Pädosexualität“ allemal aus, auch wenn das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun hat. Irgendwas wird schon hängen bleiben!“
Vor vielen Jahren wurde schon das schwule Reisebüro „Partner Travel“ wegen „Pädophilie“-Anschuldigungen unmöglich gemacht. Selbst der Spartacus-Guide kam ins Visier deswegen. Hinterher war alles erstunken und erlogen…
Aktuelles Beispiel: Pädophilie-Vorwürfe in Irland, 2011
Nachtrag
„Auch heterosexuelle Menschen leiden unter homophober Diskriminierung; sie sind im Vergleich zu homo- und bisexuellen Menschen sogar in der Mehrzahl, wie aus den Risikoverhaltensstudien an Jugendlichen bekannt ist (Reis & Saewyc, 1999). Jugendliche, die sich als heterosexuell bezeichneten, die aber von anderen homophob diskriminiert wurden, hatten gleich hohe Suizidversuchsraten wie homo- und bisexuelle Jugendliche.
Darüber hinaus sind die Konsequenzen einer homophoben Gesellschaft für die individuelle Entwicklung – unabhängig von der sexuellen Orientierung – möglicherweise fatal, wenn Intimität zwischen gleichgeschlechtlichen Menschen ausgeklammert werden muss.“
(in Plöderl: Sexuelle Orientierung, Suizidalität und psychische Gesundheit, S. 260, Beltz 2006)
Buchhinweis zum Thema „sexueller Missbrauch“: Homes, Alexander Markus: Von der Mutter missbraucht. Frauen und die sexuelle Lust am Kind. 460 S. Pabst Verlag 2005
Homes, Alexander Markus: Prügel vom lieben Gott, 141 S. Alibri erw.NA 2012