Zur realsexuellen Situation der Homosexualität 2010
Diesen Text widme ich:
Christen, Richi, 27.05.1959-12.02.1995,
Ratti, André, 08.10.1935-26.10.1986,
Brockel, Frank, 13.09.1969-01.12.1993
Für alle, die noch immer nicht wissen, was das ist: Das englische „bare“ entspricht dem deutschen „Bar“-Fuss und back heisst auf deutsch „hinten“. Das Wort soll schon von den Cowboys verwendet worden sein, die ohne Sattel auf Pferden geritten haben/sind…;)
Inzwischen sollte klar sein, dass es um HIV/AIDS geht (und übrigens auch um Hepatitis – für C gibt’s noch immer keine Impfung!). Schon lange kommt es mir „schräg“ herein, wenn ich die vielen User im Internet sehe (und über die Vielen „höre“, die als Gäste in Saunen oder auch „outdoor“ ohne Kondom verkehren. Vor allem diejenigen, die „barebacking“ propagieren, virtuelle Clubs gründen und geile Versprechungen machen. Daneben sehe ich auch viele HIV-positive, die sich über Diskriminierung durch Männer beklagen, oder die mit ihren Männern Probleme bekommen, wenn auch in der Beziehung Kondome verwendet werden sollen/wollen.
Als Schwuler, der gelernt hat, oder hat lernen müssen, was „richtiger Sex“ (eindringen/ficken!) ist, genügt mir die „mechanische“ Prävention der AIDS-Hilfen schon lange nicht mehr. Und ein Schwuler ist jemand, der Homosexualität praktiziert und gelegentlich auch darüber nachdenken tut, was er macht, warum er es macht und wie er es macht. Zu vergleichen mit einem Hetero, der herumfickt und schliesslich mal Vater wird – und vielleicht dann gezwungen wird, über seinen Schwanz nachzudenken! 😉
Aus ganz bestimmten „schwulenpolitischen Gründen“ hatte ich 1997 der AHS einen Brief geschrieben, den ich als Dokument auf meinem Blog aufführe. Aus der Antwort der AHS vom 4. Februar 1998 zitiere ich:„Zum ersten haben wir uns 1997 entschieden, uns an die „jungen newcomers” und nicht generell an die “newcomers” zu wenden. Zum zweiten behandelt diese Kampagne, die einen unvergleichlichen Erfolg aufweist, das Problem des Safer Sex und nicht die schwule Revolution.“
Seit 1997 hat die Präventionskampagne der AHS einen „unvergleichlichen Erfolg“ – bei stetig steigenden Infektionszahlen. Punkt. Das sind jetzt über 10 Jahre, in denen es schlicht unterlassen wurde, über Sexualpolitik, Sexualkultur und Sexualethik öffentlich nachzudenken.
Ich führe im Internet gelegentlich „Gespräche“ mit HIV+ und Barebackern. Und ich habe den Eindruck gewonnen, dass die Einen, wie die Anderen je auf einem anderen Planet leben. Es ist dies wohl Ausdruck der grundsätzlichen Situation unter Männern heute, die miteinander Sexualität praktizieren. Über ein Drittel der User auf Plattformen sind hetero oder bisexuelle Männer. Und sie unterscheiden sich nur unwesentlich in ihrem Verhalten von den homosexuellen Männern – oder auch umgekehrt…
„Halt!“ rufen jetzt diejenigen, die sich auf die verbesserte medizinische Situation, auf die neuen Medikamente und die geringe Sterblichkeitsrate der Infizierten berufen. Ich zweifle das überhaupt nicht an! Aber wenn ich diese „schwule Revolution“ zitieren darf, dann frage ich mich wirklich – „=/%@#&/=“ – hängt die Homosexualität und hängen auch die Schwulen wieder nur am medizinischen Tropf oder was? Lassen wir uns „medizinalisieren“, wie es in den 50er Jahren üblich war, als man uns mit Hormonen und Kastrationen malträtierte?
Gut, ich gebe zu: Anders als in Kuba, hat man uns sonst nirgendwo „weggesperrt für immer“, wie es den „Pädophilen“ heute droht. Das konnte verhindert werden! Aber wie ich von den HIV+ lerne, ist die Infektion für viele eine – im wahrsten Sinne des Wortes – „lebenslängliche“ Traumatisierung, die nicht einfach mit ein paar Tabletten „überlebt“ werden kann. Nebenher behaupten Barebacker jeglichen Alters immer wieder, dass sie wüssten, was sie tun!?
„…hast du das gefühl, ich weiss nicht, auf was ich mich einlasse?“ (18 Jahre)
„ich steh nicht auf gummis, ganz einfach und wenn ich mir dabei was einfange, naja, mein pech, mir egal. ist ja sowieso nicht dein problem, wirst ja wohl eh nie mit mir rummachen…“ (derselbe)
Ich will nochmals zurück zur „schwulen Revolution“! Homosexualität wird noch immer getrennt zur heterosexuellen Kultur und Gesellschaft praktiziert. Vor allem von Hetero- und Bisexuellen! Historisch gesehen waren Gesellschaften immer um Normalität bemüht. Sie duldeten ein gewisses Mass von Abweichung – wie Prostitution, Homosexualität. Solange vor allem die Männer ihre Sohnes-Pflicht fürs Vaterland erfüllten (siehe Telearena von 1978!)
Erst als sich die „notorischen Homosexuellen“ dieser familiären Kontrollen entzogen und eigene Gemeinschaften gründeten, begann die uns bekannte Ausgrenzung wirksam zu werden. Aber diese Ausgrenzung wurde nicht auf „halb- viertel, achtel“-Homosexualität gegründet. Auch spielten die Vorfahren keine Rolle wie bei den Juden. Noch heute gilt jeder Mann, über den homosexuelle Aktivitäten bekannt werden, entweder als schwul, oder zumindest doch noch als bisexuell…
Worauf will ich hinaus? Die Homosexualität ist keine Exklusivität der Schwulen, sondern die gemeinsame Erfahrung von allen Männern, wenn auch bei den meisten in verschiedenen Lebensabschnitten. Was früher bei Sexualkontakten von Älteren mit unter 20jährigen achselzuckend als „Altershomosexualität“ bezeichnet wurde, oder bei der „mutuellen Onanie“ zwischen Jungs als „homosexuelle Phase“ akzeptiert war, stellt sich heute als integrierender Bestandteil der Heterosexualität heraus. Ich habe den Eindruck gewonnen, dass mehr Homosexualität unter Männern praktiziert wird, die sich NICHT als schwul, homosexuell oder gar bisexuell verstehen! Die Unterschiede sehe ich vor allem in den Umgangsformen zwischen, und den Rollenzwängen über einander. Es gibt noch immer vorwiegend heterosexuelle Umgangsformen in der Homosexualität. Ich will das hier nicht weiter ausführen, sondern darauf hinweisen, dass – zumindest Schwule – ein Bewusstsein für gleichwertigen Umgang miteinander entwickelt haben! Das wäre vielleicht die Kernmotivation für diese – ahem – von der damaligen Leiterin der AHS belächelte „schwule Revolution“.
„Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation, in der er lebt!“ (Rosa von Praunheim, 1971)
Ich denke, dieser Satz gilt – immer noch oder schon wieder – fürs Jahr 2011! Nach 40 Jahren sind wir mit AIDS und mit dem homosexuellen Ghetto im Internet am ähnlichen Punkt angelangt. „Na ja, mein Pech und mir egal“ ist eine Haltung, die von vielen Männern wieder eingenommen wird, wie eine Art „Sexualdarwinismus“ mit dem Recht des Stärkeren. Entweder bodybuildingsmässig, oder wirtschaftlich. Wer zu schwächlich ist, kommt eben um. Und es ist „natürlich“, wenn Schwule schwächlich werden (sollen!). Es ist weniger schlimm, wenn Männer schwach werden und es geht ja niemanden etwas an, wenn heterosexuelle Männer mal „auswärts“ gehen, Hauptsache die Gesellschaft bleibt der Familie treu…
Es scheint allen Bürgern willkommen zu sein, wenn die gay community ins Internet verschwindet, die Schwulen sich auf Parties verlustieren und ihr Geld für Drogen ausgeben und an anderen Substanzen „verrecken“. Ach, ich „bashe“ wieder gegen die Heteros?
„Toleranz ist, wenn man fragt statt flucht“, schrieb Marc Pfander über seine Abschlussarbeit zu einer „schwulenfreundlichen Erziehung“. Nur, wo bleibt diese Erziehung bis heute eigentlich? Und was haben alle unsere „homosexuellen PolitikerInnen“ eigentlich getan/tun können?
Von wegen Hetero-Bashing: Ich sehe sehr viele Männer, Schwule und Bisexuelle, die sich selber „hetero bashen“. Das heisst, sie warten gar nicht erst auf irgendwelche Schlägertypen. Sie glauben, dass sie Schläge „verdient“ haben und fügen sich diese gerade selber mittels mannigfaltiger „Fetische“ zu. Ich nenne so was seit Jahren schon den „Erlösungsmythos“! (mit dem klaren Bezug zur Bibel, deren Kultur noch viele von uns geprägt hat) Ich will von der Tunte Ratzinger gar nicht anfangen zu reden…
Ich bin der Überzeugung, dass das ewige Lästern über ein angeblich nicht notwendiges coming out (nämlich die Erlösung von der Geheimnistuerei und der Steinwurf ins heterosexuelle Schaufenster), die notorischen Forderungen von „nichtschwulen“ Männern nach Diskretion („ich bin verheiratet und will das auch nicht ändern!“) und der hetero Stress bei der Suche nach dem ultimativen Fick, eine Wieder-Integration der homosexuellen Bedürfnisse in die Normalität verhindern, weil dies die herr- und frauschende ideologische Normalität sprengen und die versteckt gelebte Realität offenbaren würde. Stattdessen verzettelt sich die öffentliche Diskussion in Patchworkfamilien, Transen, Gender, Transvestiten, Lesben, Bisexuelle, Doppelsexuelle, Ambisexuelle und Asexuelle… Neue Kategorien in alten Schubladen – wie oben angeführt!
Ich bin auch der Überzeugung, dass die so genannte heterosexuelle „Mehrheit“ genauso eine Minderheit ist, wie die Homosexuellen. Die Mehrzahl der Männer tut beides – aber nach heterosexuellen Regeln. Da hat eine „schwule Revolution“ keinen Platz, ist sowieso „politisch nicht korrekt“ und im aktuellen Femi-Sexismus haben Männer keine Lobby – die Schwulen schon gar nicht (weder links noch rechts).
Im Bewusstsein, dass dies alles zusammenhängt und die Infektionswege mit HIV vielfach verschlungen sind, bis weit in die heterosexuellen Familien, kann ich mir Barebacking einfach nicht vorstellen! Aber ich kann mir gut vorstellen, dass – wahrscheinlich die wichtigste „heterosexuelle Regel“, der nachgelebt wird – wie folgt heisst: „…bei euren Dates ist jeder für sich selber verantwortlich!“ (Barebacking-Club) – denn so haben es seit je die heterosexuellen Männer mit den Frauen „getrieben“ (sh. „ledige Mütter, Prostitution, Abtreibungen“)
Es ist also nicht die Tatsache, dass in Afrika keineR von Schwulen oder Homosexualität redet, wenn es um die vielen heterosexuellen infizierten Frauen und Männer geht. Es ist also nicht die Tatsache, dass ich wegen AIDS viele Bekannte und gute Freunde verloren habe! Aber ich habe in der Schwulenbewegung gelernt, dass wir ein Teil in der Gesamtgesellschaft sind und auch Einfluss auf diese haben können! Wenn jeder nur für sich selbst verantwortlich ist, dann pfeife ich – „=/%@#&/=“ – auf das ganze Partnerschaftsgesetz, worin eh nirgendwo das Wort Sexualität enthalten ist, auf die Adoptiererei und sämtliche Leihmütter der Welt für Christiano Rinaldo, Ricky Martin und Andere…
Mein Frage zum Schluss ist: Wann werden endlich die Probleme diskutiert, die Männer im Kopf haben, wenn sie unsafen Sex praktizieren, oder aktiv Barebacking betreiben oder suchen? Was bringt einen Mann dazu, sich von seinem Partner/Geliebten infizieren zu lassen, um „mit ihm eins“ zu sein? Was bringt HIV+ dazu, sich an Anderen dafür zu rächen? Warum gibt es – vor allem schwule – Männer, denen ihr Leben sozusagen „nichts wert (geworden) ist“?
Heterosexuelle Verhältnisse bringen heterosexuelle Probleme. Aber eben keine „schwule Revolution“ – und in welchen Augen ist das „gut so“?
Peter Thommen, Schwulenaktivist, Basel
Hier eine „wohlwollendere“ Meinung zum bb (PDF 1,8 MB)
P.S. Zur Illustration empfehle ich folgende Bücher zur Lektüre:
Es ist tatsächlich so, dass „schwulenpolitisch“ nur mehr wenig zu finden ist im Internet – innerhalb der deutschen Sprache.
Es kann durchaus sein, dass mein Text verworren aufgebaut ist. Aber das sind manche Diskussionen auch. Das Ficken ohne Kondom wird durch die bürgerliche Ideologie vom „Säftetausch“ und vom Eindringen in einen Körper, vom Besitzen – wenn auch nur kurzzeitig – gespeist. Andererseits reagiert man hysterisch auf Vogelgrippe-Viren…
Es scheint, dass im Fick (egal ob hinten oder vorne) die letzten Paradiese und Freiheiten der Menschheit vermutet werden. Man könnte vom „Fickterror“ schreiben! Möglichst tief im Darm drin, aber vom Sexpartner als Mensch keine Ahnung…
Kein Mensch, der mit dem gleichen Geschlecht Sex hat, muss sich deswegen als „schwul“ outen. Aber viele outen sich als notorische Heterosexuelle, wenn sie mit dem anderen Geschlecht Sex haben. Ja, die meisten „heterosexuellen“ Männer definieren sich ausschliesslich darüber, dass sie mit Frauen Sex haben. Sie definieren sich also nur „indirekt“ über das andere Geschlecht.
Was die Bekehrung betrifft, so kennen wir Schwulen das von Kindsbeinen an! Auch Frauen wollen schon mal Schwule „bekehren“. Aber auch Frauen sind nicht schwul, nur weil sie Männern Sex haben! 😉
Ein Mann will niemals die Frau sein, die er fickt, sonst würde er sie nicht ficken! 😉 Aber ein Mann, der mit einem Mann fickt, will vielleicht derjenige sein, mit dem ers treibt. Heterosex ist das Erlebnis der Verschiedenheit und Getrenntheit – trotz „Vereinigung“. Homosex ist das Erlebnis des Einsseins mit dem eigenen Geschlecht. Also eine Identitätsfrage, die sich eigentlich zuerst stellt in der psychosexuellen Entwicklung. Das zeigt sich auch in den Begegnungen mit jüngeren Männern (was man mal gewesen ist) und mit älteren Männern (was man mal sein wird!) Wer eine „indirekte“ hetero Identität hat, kann sich das wohl nicht so vorstellen.
Hallo Unbekannter!
Es spielt keine Rolle, wann ein Kommentar eingelangt. Solange der Text steht, ist er zu jeder Zeit aktuell. Das Problem beim Sex ist allgemein für die Heterosexuellen, dass sie glauben, die Beschwernisse des Alltags und ihre Verpflichtungen für Fortpflanzung und Familie, beim Sex “völlig vergessen” zu können. Dies ist eine Täuschung, die sich bei Barebackern nach dem selben Muster abspielt. Nur dass bei den Heteros klar die Frauen die Verantwortung für die Gesundheit zu übernehmen haben. Bei zwei Männern ist das schwieriger…
Das Verschwinden der Schwulenbewegung und die Reduktion der Schwulenpolitik auf die Schwulenehe zeigen, dass es damit im Gesundheitsbereich nicht getan ist. “Schwul sein, heisst sich zu wehren” hiess es früher. Das bedeutet, sein Hirn anzustrengen und nicht nur sich im Fick oder “Poppersrausch” – oder in der Homosexualität sich als Hetero – zu vergessen…
Ich habe meinen Text so spontan und emotional geschrieben, wie ein Barebacker ans Ficken herangeht! In Bezug auf die langfristige Gesundheit gibts eben keine Einwände, nur Ausreden! Lustig auch, dass wohl kein Barebacker in Sandalen aufs Matterhorn steigen würde, ohne Kondom auf einen Mann aber schon!
Es gibt Leute, die haben keine schwule Identität, sondern nur ein homosexuelles Verhalten nach dem Lustprinzip. Sie leben ganz nach heterosexuellen Spielregeln, weil das Spiel/Geilheit ist wichtiger als die Identität/Persönlichkeit. Und bekanntlich müssen dann die Regeln/die Machtverhältnisse die Verantwortung übernehmen, nicht die Spieler…
Die Homosexualität ist integrierender Bestandteil der Heterosexualität und wird da auch geduldet – hinter der heterosexuellen Maske. Wobei mehr Homosex praktiziert wird als unter Schwulen überhaupt. Das heisst aber nicht, dass es keine homosexuelle Identität geben darf. Diese wird nur konsequent ausgegrenzt. Ein ausschliesslich Homosexueller oder ein bewusster Schwuler können sich durchaus überlegen, wie sie mit Heteros, Homos und Schwulen Sex haben und Verantwortung übernehmen wollen. In einer 2er Beziehung allerdings kommt es immer auf “alles oder nix” an. Die Realität wird dann im Rotlichmilieu oder Escort-Studios entsorgt…
Auch dann, wenn wir uns egoistisch nur selber schützen sollen, dann dürfen wir uns weder fallen lassen, noch auf “eigene Verantwortung” machen, denn wir ficken niemals allein mit uns selbst, oder mit einem Stück Fleisch, sondern mit einem anderen Menschen, mit-Veranwortung, und innerhalb einer Gesellschaft. Da geht es gar nicht erst um eine “grössere Sache” (eine Schwulenbewegung oder so)
Auf Ondamaris gibts die Diskussion um die Kontrolle der Lüste. Statt sich darüber aufzuregen, wer oder was unsere Lüste kontrollieren darf, wäre es besser, sich selber zu überlegen, was und wie wir unsere Lüste leben können, ohne uns und Anderen zu schaden. Mit dieser Argumentation konnte ja die Homosexualität auch erst politisch/strafrechtlich “erlaubt” werden.
Die meisten von uns, kennen nur Einschränkungen im Sex. Sie hatten weder Zeit, Raum, noch den Geist kreativ zu werden. Darum wird reihum geklönt und auf Opfer gemacht. Die Opfer die selber verursacht werden, werden einfach ignoriert. Das tun Männer und Frauen miteinander, Heteros mit Homos und – eben auch die Homos dann unter sich. Dieser Teufelskreis wäre zu durchbrechen! Dann könnten wir anfangen von Liebe zu reden, die bisher eigentlich nirgendwo Platz gefunden hat! Nur die Romantik!
Noch etwas zum coming out. Jeder Hetero hat spätestens mit dem Kinderwagen sein coming out. Er prahlt öfter auch mit seinen Sexkontakten, ja er definiert sich öffentlich fast ausschliesslich über den Sex mit dem anderen Geschlecht, das steht sogar in Zeitungen, beim Sport, in der Musik, Politik…
Die beliebteste Formel von Heteros und Bisexuellen lautet: “Und das soll sich auch nicht ändern”. Ich lach mich tot. Es hat sich bereits beim ersten Sex mit Männern was geändert, nur wollen sie es nicht zugeben. Weder gegenüber sich selbst, noch offen! Sie wollen diese Lüge aber nicht aus den Händen geben und betteln um Diskretion – vor jedem Sex! Dabei tappen sie in der eigenen Falle herum: Eine Handlung macht keine Orientierung oder Identität aus. Egal ob sie nun öffentlich oder heimlich erfolgt! Aber je nach dem hat sie etwas mit Verantwortung zu tun. Und jetzt zum barebacking: Die eingebildete totale Freiheit erzeugt nur den Glauben an sie, ist aber keine. Denn die Infektionen – auch anderer Krankheiten – hinterlassen zumindest eine genetische Spur!
Hallo Peter,
also erstmal finde ich es gut, daß Du diese Seite betreibst, da sich sonst im Internet sehr wenig zu schwulenpolitischen Themen findet.
Ich finde auch gut, daß Du Dich mit dem Thema „Bareback“ auseinandersetzt, jedoch kommt mir Dein Text so vor, als wäre er ohne zweites Lesen oder Gegenlesen eingestellt worden. Es ist nämlich leider etwas verworren.
Was sind denn „die Probleme“ von Männern, die Bareback-Sex betreiben? In meinen Augen hat der Bareback-Sex, zumindest der nicht-organisierte, spontane, erstmal wenig bis nichts mit Überlegungen zu HIV zu tun, sondern allein mit dem Kondom, und der Tatsache, daß Sex mit Kondom für viele unbequem oder unsexy ist. Kurz: Sex mit Kondom macht keinen Spaß. Ich möchte das nicht verallgemeinern, aber aus meiner Erfahrung heraus weiß ich, daß viele so denken. Und die, die ein Kondom benutzen, sehen es oft als „notwendiges Übel“ an.
Wenn man also das Thema Bareback ernstnehmen will, sollte man diese Aspekte nicht vernachlässigen. Auch und gerade von Seiten der Aids-Hilfen.
Noch ein Wort zum Coming Out. Ich denke zur Toleranz / Akzeptanz von Schwulen, sei es von außen oder intern, gehört auch, daß man akzeptieren kann, wenn sich jemand, der schwulen Sex betreibt, dazu entschließt, aus welchen Gründen auch immer, sich nicht zu outen. Die Motive, sich zu outen oder eben nicht sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst. Das Coming Out ist nicht in jedem Fall gleichzeitig ein politisches Statement. Auch sehe ich kein Problem darin, wenn jemand um „Diskretion“ bittet. Es gibt nunmal, vereinfacht gesagt, verschiedene Abstufungen der Homosexualität.
Viel eher sehe ich ein Problem darin, jemanden zur „Schwulen Community“ bekehren zu wollen. Nicht jeder ist in der Lage, sein Schwulsein bzw. seinen schwulen Sex in den Dienst einer größeren Sache (also die von Dir beschriebene „Sprengung der herrschaftlichen Normalität“) zu stellen.
Was würde es nützen, wenn versteckt gelebte Sexualität offenbar würde? Den Konflikt für den Einzelnen würde es u.U. nicht entschärfen sondern vielleicht sogar verschärfen. Ist mit so einer Offenlegung z.B. einem verheirateten Hetero, der sich schwulen Parkplatz-Sex sucht, wirklich geholfen? Ich glaube kaum.
So long …
(P.S. Ich hoffe doch, daß mein kleiner Kommentar von Dir noch gelesen wird, auch wenn der Artikel schon etwas älter ist.)
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